Die Mitglieder der SCHUTZGEMEINSCHAFT haben das Tier des Jahres 2015 gewählt. Zum zweiten Mal nach 2001 erhielt der Feldhase die meisten Stimmen.
Der Feldhase ist eine der prominentesten Wildarten – sicher nicht zuletzt, da er als Kultfigur das Osterfest wesentlich beeinflusst. Nicht immer galt er im positiven Sinne als Zeichen für Fruchtbarkeit, denn im Mittelalter wurde sein Verzehr teilweise verboten, da sein Fleisch zur Unzucht verleiten sollte. Im frühen Christentum hingegen stand er wegen seiner angeblichen Wehrlosigkeit als Sinnbild für den auf Gott vertrauenden Menschen und wurde oft in Darstellungen des Paradieses abgebildet.
Auch in China wird der Hase seit der Kaiserzeit verehrt, so dass er eines der zwölf Tierkreiszeichen darstellt und hier für Langlebigkeit steht.
Eingang in den alltäglichen Sprachgebrauch findet der Hase in zahlreichen Sprichwörtern wie „viele Hunde sind des Hasen Tod“, „mein Name ist Hase“, „du bist ein Hasenfuß“ im Sinne von „Angsthase“ usw. In der Geschichte werden dem Hasen eine Fülle an Eigenschaften wie Wachsamkeit, Schnelligkeit, und Feigheit zugesprochen und auch in der Kunst wird er bereits zu vorchristlichen Zeiten zum Gegenstand künstlerischer Ausgestaltung.
Mit wissenschaftlichem Namen wird der Feldhase als Lepus europaeus bezeichnet und zählt zu den Charakterarten der mitteleuropäischen Kulturlandschaft. Seiner Popularität wegen ist er zum Inhalt zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen und auch gesellschaftlicher Diskussionen geworden. Eines der Hauptbeschäftigungsfelder ist dabei die Populationsentwicklung, die sich nach Interpretation zahlreicher Indizien in den vergangenen Jahrzehnten, insbesondere seit den 1970er Jahren, in weiten Teilen des europäischen Besiedlungsraumes negativ entwickelt hat.
Neben dem Feldhasen sind aus Eurasien, Afrika und Nordamerika insgesamt weitere 21 Arten der Gattung „Lepus“ beschrieben, wobei der Feldhase das größte Verbreitungsgebiet aufzeigt. In der Neuzeit wurde die Art unter anderem auch in Südamerika, Australien, Neuseeland aber auch auf den britischen Inseln und Südskandinavien angesiedelt und hat sich dort gut etablieren können.
Mit einer Länge von ca. 60 bis 70 cm wird der Feldhase 2,5 bis 6,5 kg schwer. Seine Ohren sind im Verhältnis zum Kaninchen (Oryctolagus cuniculus) deutlich länger und haben eine schwarze Spitze. Zu unterscheiden vom Kaninchen ist er auch durch seine hellgelbe bis hellbraune Iris, während die Augen des Kaninchens dunkel erscheinen.
Mit gelblich, graubraunem Fell ist er gut getarnt in offener Landschaft mit entsprechendem Bewuchs, wo er sich in den Ruhephasen in flachen Mulden im Boden, den so genannten „Sassen“ aufhält, die ihm Schutz und Deckung bieten. Immer legt er in seinem Revier, das er als standorttreues Gewohnheitstier kaum verlässt, mehrere solcher Sassen an, die er abhängig von Windrichtung und Witterung benutzt. Aus Telemetrieuntersuchungen ist bekannt, dass er über das Jahr hinweg kaum mehr als 20 ha bis 30 ha nutzt.
So ist es nicht verwunderlich, dass man ihn bei geringen Störungen häufig an den gleichen Stellen finden kann. Dabei bevorzugt der Feldhase trockenere Standorte, da Feuchtigkeit die Ausbreitung von Krankheiten fördert. Bei Annäherung einer vermeintlichen Bedrohung, kauert er sich bis zum letzten Moment in die Sasse und verlässt sich auf seine Tarnung.
Der Feldhase lebt ausschließlich oberirdisch und bringt seine Jungen behaart und sehend zur Welt. Eine Häsin bekommt in der Regel dreimal drei Junge pro Jahr und die Fortpflanzungszeit beginnt bereits im Januar, so dass nach 42 Tagen Tragzeit die Junghasen oft schon Ende Februar gesetzt werden. Auf den norddeutschen Inseln, wo vielfach sehr viele Hasen angetroffen werden können und die Winter durch die Meeresnähe milder sind, sind Junghasen bereits im Januar anzutreffen. Aufgrund seiner Vermehrungsfreudigkeit wird der Feldhase zu den r-Strategen gezählt. Dies sind Tierarten, die sozusagen eine hohe Verlustrate ihres Nachwuchses „einrechnen“ und daher möglichst viele Junge pro Vegetationsperiode zur Welt bringen.
Der Feldhase ist ein reiner Pflanzenfresser und ernährt sich abwechslungsreich von Wildkräutern und Gräsern. Typisch für Hasenartige ist die sog. Caecotrophie (Aufnahme von Blinddarmkot). In den langen Blinddärmen werden lebenswichtige Vitamine produziert, die die Hasen nach Ausscheidung aufnehmen. Im Unterschied zu den normalen und bekannten Kotkugeln unterscheidet sich Blinddarmkot durch dunkle Färbung und breiige Konsistenz. Eine abwechslungsreiche pflanzliche Kost ist lebensnotwendig für Hasen und insbesondere fettreiche Kräuter spielen eine entscheidende Rolle, die auch den Fettgehalt der Milch der Häsin beeinflusst. Untersuchungen haben deutlich gezeigt, dass die Qualität der Milch der Häsin wesentlich dazu beiträgt, dass die Junghasen sich gesund und mit guter Gewichtszunahme entwickeln. Die mitteleuropäische Offenlandschaft hat sich in den vergangenen 30 Jahren deutlich gewandelt. Durch intensivierte Landwirtschaft mit höherer Maschinenintensität, höheren Mahdfrequenzen, größeren Feldeinheiten und verringerter Feldfruchtvielfalt wurde die Lebensraumausstattung des Feldhasen negativ beeinflusst. Verstärkt wurde dies durch den Wegfall der obligatorischen Flächenstilllegungen nach dem Jahr 2007, wonach ehemals brachliegende Felder großräumig zur Produktion nachwachsender Rohstoffe, verbreitet Mais als Substrat für Biogasanlagen, umgewandelt werden konnten. Dies hat in Deutschland zu einem Verlust von Brachen von mehr als 500.000 ha geführt. Allerdings ist das Überleben von Hasen und insbesondere der Junghasen nicht alleine von landwirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängig. Witterungseinflüsse bestimmen überregional das Überleben von Junghasen gerade zu den Hauptsetzzeiten. Nasskaltes Wetter besonders in den Zeiträumen Ende Februar bis Mitte März und Mitte April bis Mitte Mai führen zum Verkühlen der ungeschützt auf dem Boden geborenen Junghasen, was sich statistisch nachweisbar negativ auf den Hasenbestand im darauffolgenden Winterhalbjahr auswirkt. Frost und Schnee bei trockener Kälte hingegen sind kein Problem.
Die Witterung ist maßgeblicher Einflussfaktor für die jährlichen Schwankungen der Herbstbestände, allerdings ist für die Beurteilung des Populationszustandes der Stammbesatz, also die Summe der erwachsenen Hasen im Frühjahr über mehrere Jahre entscheidend. Während Verluste durch ungünstige Witterungsbedingungen wie auch seuchenartige Krankheiten innerhalb weniger Jahre, manchmal auch schon im Folgejahr, ausgeglichen werden können, sind es die Qualität des Lebensraumes als auch die Häufigkeit der Beutegreifer, die nachhaltig den Feldhasen beeinflussen. Als begrenzende Faktoren für den Feldhasenbestand gelten die sog. generalistischen Beutegreifer, die in hohen Dichten die Landschaft frequentieren. Die einheimischen Marderarten, Raben- und Greifvögel und sicher allen voran der Fuchs neben den durch menschliches Zutun eingeführten Arten wie Marderhund und Waschbär sind überwiegend und aus verschiedenen Gründen Profiteure der modernen Kulturlandschaft. Keine dieser Arten ist auf das Vorkommen von Feldhasen angewiesen, so dass deren große Populationen nicht dadurch beeinflusst werden, ob es viele oder wenige Feldhasen gibt. Einhergehend mit einem geschmälerten Angebot an günstigen Aufzuchthabitaten dominieren die generalistischen Beutegreifer den Populationslevel der Feldhasenpopulationen. Dabei sind auch die hohen Zahlen an freilaufenden Hunden und verwilderten Hauskatzen nicht zu vernachlässigen. Entlang der Feldwege, die wenigstens noch Reste von Altgras, manchmal Randstreifen aufweisen, kann kaum noch ein Junghase überleben. Der Feldhase kann in Deutschland nur eine Zukunft mit höheren Populationen haben, wenn Agrar- und Jagdpolitik, Bauern, Landeigentümer, Haustierbesitzer und Jäger sich gemeinsam an den Fakten orientieren. Der Hase und mit ihm viele andere Arten der Feldflur werden ohne gezielte, großflächige Programme und Aktivitäten künftig weiter zurückgehen und ein neues Populationstief erreichen.
Niedrige Populationen bei r-Strategen sind per se eine Gefahr, da dann z.B. eine Seuche oder mehrere witterungsmäßig ungünstige Jahre nicht mehr ausgeglichen werden können. Ein kleiner Lichtblick ist die aktuelle Umstellung der EU-Agrarförderungen, die auf ca. 5 % der Ackerflächen ein sog. „Greening“, also eine gewisse „Ökologisierung“, einfordert. Dagegen konterkarieren die Jagdgesetzgebungsverfahren in vielen Bundesländern mit Verboten und Erschwernissen der Prädatorenregulation diese positiven Ansätze.